Ein Anzug für 58,49 Euro, ein Sweatshirt für 13,59 oder eine Damen-Jeans für 15,30 Euro – derartige Preise ruft der chinesische Billigmodehändler Shein auf. Und das keineswegs im Ausverkauf, sondern ganzjährig. Das durchaus umstrittene Unternehmen selbst liegt in einer etwas anderen Kategorie. 90 Milliarden Dollar Marktkapitalisierung peilt es für den geplanten Börsengang an der Wall Street an.
Im Frühjahr war es bei einer Finanzierungsrunde mit mehr als 60 Milliarden Dollar bewertet worden. Nun hat der Onlinehändler die Großbanken Goldman Sachs, JP Morgan und Morgan Stanley als Konsortialführer mit dem Gang aufs Parkett beauftragt, berichtete das „Wall Street Journal“. Weder die Banken noch Shein selbst nahmen dazu Stellung. Der Konzern hatte bereits 2020 einen Anlauf Richtung Börse genommen, diesen dann aber abgebrochen.
Auch jetzt ist das Umfeld nicht unbedingt günstig. Die letzten großen Börsengänge enttäuschten: Die Kurse des Schuhherstellers Birkenstock, des Essenslieferdienstes Instacart und des Chipdesigners ARM verloren nach ihrem Debüt. Dennoch sei die Stimmung der Investoren inzwischen positiver als noch vor einigen Wochen, heißt es von Insidern.
Über einen Zeitpunkt für den Shein-Börsengang ist noch nichts bekannt. Auch über die Umsatzzahlen weiß man nichts Genaues. Angeblich sollen die Erlöse vor zwei Jahren 13 Milliarden Dollar betragen haben. Das Unternehmen weise aber hohe Wachstumsraten auf. Zum Vergleich: Inditex mit der Billigmarke Zara kam 2022 auf einen Umsatz von nahezu 36 Milliarden Dollar, H&M auf 22 Milliarden.
Offenbar wirbt Shein hinter den Kulissen bereits um potenzielle Geldgeber. Und die sollen nicht abgeneigt sein. Unklar ist jedoch, ob der Konzern bei der chinesischen Börsenaufsicht eine Genehmigung für das US-IPO beantragt hat, wozu Firmen aus der Volksrepublik verpflichtet sind. Shein hat allerdings seinen Hauptsitz bereits vor Jahren nach Singapur verlegt. Gefertigt wird aber nach wie vor in China.
Und dort keineswegs nur Wegwerf-Kleidung mit schnellen Kollektionswechseln. Auch Schuhe, Elektronik, Autozubehör, Wohnaccessoires oder Kosmetik sind im Programm. Die Produkte werden ausschließlich online verkauft, nur gelegentlich gibt es in Großstädten Pop-up-Stores.
Shein steht im Verdacht, dass bei chinesischen Subunternehmern Zwangsarbeiter eingesetzt werden. US-Staatsanwälte haben die amerikanische Börsenaufsicht SEC im Sommer aufgefordert, diesem Verdacht nachzugehen. Auch Umweltschützer üben immer wieder Kritik an den Praktiken des Unternehmens. Und auch der US-Politik sind sie ein Dorn im Auge. Durch seinen Direktversand umgeht Shein die Importzölle, die erst ab einem bestimmten Warenwert anfallen.