Kontroverse Töne von Commerzbank-Chefin Orlopp: Der Unicredit-Einstieg bei der Commerzbank habe sich wegen der hohen Kursgewinne sehr gelohnt. Doch die Übernahme ergebe derzeit keinen Sinn. Wie passt das zusammen?
Im Herbst 2024 hat sich die italienische Großbank Unicredit an der Commerzbank beteiligt und gleichzeitig die Absicht geäußert, das Frankfurter Institut zu übernehmen. Inzwischen hat das Mailänder Institut seine Beteiligung auf knapp 30 Prozent hochgefahren. Überschreitet Unicredit diese Schwelle, muss die Bank ein Übernahmeangebot vorlegen. Doch sowohl der Bund als zweiter Großaktionär der Commerzbank als auch das Commerzbank-Management und die Belegschaft lehnen einen Einstieg der Italiener strikt ab, um deren Pläne es in den vergangenen Wochen ruhig geworden ist.
Jetzt hat sich Commerzbank-Chefin Bettina Orlopp zu Wort gemeldet - und schlägt differenzierte Töne an. „Eine Transaktion ist kein Selbstzweck. Sie muss für Aktionäre, Kunden und Mitarbeitende Sinn ergeben und Wert schaffen“, sagte Orlopp der „Welt am Sonntag“. „Das sehen wir auf dem aktuellen Bewertungsniveau nicht.“
So argumentierten die Italiener zwar mit potenziell hohen Synergien. Diese seien aber „wegen Überlappungen im Geschäft und hohen Risiken bei der Umsetzung fragwürdig“. Ein gesichtswahrender Ausstieg sei für die italienische Großbank allemal noch möglich. „Das Engagement hat sich wegen der hohen Kursgewinne sehr gelohnt. Und technisch könnte Unicredit genauso kursschonend gehen, wie sie gekommen sind.“
Doch dazu müsse Unicredit die Initiative ergreifen. „Der Ball liegt bei Unicredit.“ Wenn ein Angebot vorliege, werde man es prüfen, ergänzte Orlopp. Aber bisher habe Unicedit kein Angebot vorgelegt. Die Kommunikation mit dem Großaktionär laufe im Rahmen normaler Investorengespräche, an denen Unicredit-Chef Andrea Orcel manchmal teilnehme, manchmal nicht.
Fazit
Der Bund als Großaktionär hat bei seinem Teilausstieg im vergangenen Jahr missverständliche Signale gesetzt und Übernahmeinteressenten geradezu angelockt. Aber auch Unicredit-Chef Andrea Orcel hat Fehler gemacht und vor allem die Rolle des Bundes unterschätzt. Diplomatie ist jedenfalls nicht Orcels Stärke. Inzwischen ist viel Porzellan zerschlagen worden. Unterdessen kommt die dringend nötige europäische Bankenkonsolidierung kaum voran, weil die Regierungen in Berlin, Rom, Paris und Madrid weiterhin politische Interessen mit der jeweiligen Finanzindustrie verbinden. 2026 ist ein erneuter Anlauf für eine Commerzbank-Übernahme zwar nicht ausgeschlossen. Unicredit kämen jedoch auch bei einem Rückzug noch gut aus der Nummer heraus.
Hinweis auf Interessenkonflikte
Der Vorstand und Mehrheitsinhaber der Herausgeberin Börsenmedien AG, Herr Bernd Förtsch, ist unmittelbar und mittelbar Positionen über die in der Publikation angesprochenen nachfolgenden Finanzinstrumente oder hierauf bezogene Derivate eingegangen, die von der durch die Publikation etwaig resultierenden Kursentwicklung profitieren können: Commerzbank.