Im November steigt das Ökonomen-Barometer von €uro am Sonntag leicht an. Und: Die Wirtschaftsweisen erwarten nach einer Durststrecke in diesem Jahr für 2024 wieder ein Miniwachstum.
Es ist ein zarter Lichtblick: Die deutsche Wirtschaft kommt nach Ansicht wichtiger Berater der Bundesregierung im kommenden Jahr langsam wieder in Gang. Für 2024 prognostizieren die fünf „Wirtschaftsweisen“ einen leichten Anstieg von 0,7 Prozent. Das erwartete Schrumpfen der Wirtschaftsleistung im laufenden Jahr um 0,4 Prozent begründet der Sachverständigenrat mit den Folgen der Energiepreiskrise, einem Rückgang der Nachfrage im Inland sowie geopolitischen Konfliktherden.
Damit deckt sich die Prognose der Gutachter für das laufende Jahr mit der Vorhersage der Bundesregierung. Für das kommende Jahr sind die Experten um die Münchner Ökonomin Monika Schnitzer allerdings wesentlich skeptischer als Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck: Der Grünen-Politiker geht von 1,3 Prozent BIP-Wachstum aus, der Rat nur von plus 0,7 Prozent.
Auch im kommenden Jahr dürften die Lebenshaltungskosten hierzulande laut Prognose des Rats noch um 2,6 Prozent steigen, nach einer Inflationsrate von geschätzt 6,1 Prozent im laufenden Jahr. Bis Ende 2024 werden sich die privaten Konsumausgaben demnach angesichts der wieder steigenden realen Einkommen erholen, heißt es in dem Jahresgutachten: „Die unerwartet schleppende Erholung der Weltwirtschaft, insbesondere Chinas, dürfte sich aber fortsetzen und auch im Jahr 2024 die deutschen Exporte bremsen.“
Optimismus nimmt zu
Die zaghafte Zuversicht spiegelt sich auch in dem von €uro am Sonntag erstellten Ökonomen-Barometer wider: Das stieg erstmals seit April wieder an. Zum ersten Mal seit August blicken die befragten Volkswirte nun wieder optimistischer in die Zukunft. Die aktuelle konjunkturelle Lage bewerten führende deutsche Volkswirtschaftler mit 31,1 Punkten. Damit verbessert sich ihre Einschätzung gegenüber dem Vormonat um knapp zwölf Prozent. Dennoch liegt sie seit Dezember 2021 weiter unterhalb der 50-Punkte-Marke, die ein Nullwachstum signalisiert. Optimismus nimmt zu Deutlich stärker hellt sich die Prognose auf: Die Erwartungen für die kommenden zwölf Monate stiegen um 21,3 Prozent auf 28,4 Punkte. Noch positiver gestimmt waren die befragten Experten zuletzt im Juni. Die teilnehmenden Ökonomen schätzen die wirtschaftliche Entwicklung im November also deutlich positiver ein als noch im Vormonat Oktober. „Die Erwartung verbesserte sich wegen der überraschend gesunkenen Inflationsrate“, sagte Friedrich Heinemann vom Leibniz-Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung. Spannend ist nun, ob sich die Zuversicht mit den vom Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) erhobenen Daten deckt, die am Dienstag (14. November) veröffentlicht werden.
Kein Geld für Siemens Energy - Abgrenzung von China
Mögliche Milliardengarantien des Bundes für den kriselnden Energietechnikkonzern Siemens Energy sieht die Mehrzahl der von €uro am Sonntag befragten Ökonomen kritisch: Knapp 80 Prozent lehnen sie ab. Mehrere Experten plädieren vielmehr für eine Unterstützung seitens des Großaktionärs Siemens.
Anfang Oktober hatte die EU-Kommission eine Untersuchung gegen chinesische Subventionen für E-Autos angestoßen. Brüssel sieht in den Hilfszahlungen einen marktverzerrenden Wettbewerbsvorteil für Chinas Produzenten. Zudem will sich die EU mit weiteren Maßnahmen stärker von China abgrenzen. So soll China auch der Zugang zu kritischen Technologien, etwa künstlicher Intelligenz, Gentechnik oder Chips, erschwert werden. Entsprechende Schritte hält mehr als die Hälfte der von €uro am Sonntag befragten Ökonomen (55,8 Prozent) für grundsätzlich sinnvoll. „Wir müssen unsere Identität wahren, sonst wird Europa zwischen den Weltmächten zerrieben“, sagte etwa Privalor-Vermögensverwalter Manfred Schweren. Donner & Reuschel-Chefvolkswirt Carsten Mumm sagte: „Bei E-Autos haben chinesische Fabrikate derzeit offensichtlich technologische Wettbewerbsvorteile.“ Denen könne über Marktzugangsschranken kaum adäquat begegnet werden. Bei kritischen Technologien könne es indes im nationalem Interesse sein, Zugangsbeschränkungen zu erlassen. Allerdings müsse „die Möglichkeit der Eskalation einer Protektionismusspirale bedacht werden“. Auch Volkswirt Franz Peter Lang von der Hochschule für Oekonomie und Management Luxembourg weist darauf hin, dass Handelsbeschränkungen immer entsprechende Gegenmaßnahmen auslösten: „Rational wäre es, Wirtschaftsspionage, die Übernahme von Unternehmen usw. zu unterbinden und zugleich die technologische Entwicklung massiv zu forcieren.“