Schon mehr Heimniederlagen als in der gesamten Vorsaison musste Manchester United in der englischen Meisterschaft hinnehmen. Und nun auch noch eine deftige Niederlage an der Börse: Rund 15 Prozent verlor die Aktie des Traditionsvereins zwischen Handelsschluss am Freitag und Eröffnung am Montag. Von Erholung seither keine Spur.
Grund des Absturzes war die Absage eines potenziellen Käufers aus Qatar. Anhänger des englischen Rekordmeisters, dessen letzter Titelgewinn allerdings zehn Jahre zurückliegt, sahen in Scheich Jassim eine Art Erlöser – was schon für grundlegende Verzweiflung spricht. Fünf Milliarden Pfund (5,8 Milliarden Euro) hätte sich einer der reichsten Qataris den Kauf kosten lassen und auch noch die Schulden des Vereins von 970 Millionen Pfund getilgt. An der Börse ist ManU derzeit rund drei Milliarden Euro wert. Dennoch war das Angebot offenbar zu niedrig für die Erben des amerikanischen Geschäftsmannes Malcolm Glazer. Der hatte ManU 2005 für damals 790 Millionen Pfund erworben. Nach langen, zähen Verhandlungen zog der Scheich seine Offerte am Wochenende zurück.
Das bedauern nicht nur Aktionäre, sondern auch die Anhänger des Vereins. Während die Fans normaler Fußballclubs den Gegner auf dem Platz sehen, ist das bei den Fans von Manchester United nur bedingt der Fall. Ihr wahrer Gegner sind die sechs Kinder von Malcolm Glazer. Denen nimmt man im fußballbegeisterten England übel, dass ihnen das Schicksal des derzeitigen Tabellenzehnten der Premier League ziemlich schnuppe scheint und lediglich das Maximum aus einem Verkauf rausholen wollen. Dabei habe die Familien „phantastische“ Bewertungsvorstellungen, sagte ein Insider der „Financial Times“. Würden die Glazers mehr als fünf Milliarden Pfund erzielen, wäre der Club trotz mäßiger sportlicher Erfolge die teuerste Fußballmarke der Welt. Immerhin hat Manchester United eine große Anhängerschaft rund um die Welt.
Nun verhandeln die Glazers mit einem weiteren Investor. Jim Ratcliffe, britischer Milliardär, Gründer des Chemie-Unternehmen Ineos und einstiger Brexit-Hardliner, ist offenbar an einer 25-prozentigen Beteiligung interessiert. Mehr als 1,5 Milliarden Pfund (1,42 Milliarden Euro) will er dafür bezahlen, heißt es. Damit wäre ManU mit fast 6,5 Milliarden bewertet. Ratcliffe gehören über Ineos bereits die Fußballvereine OGC Nizza und FC Lausanne-Sport, zudem ist er am Formel-1-Team von Mercedes beteiligt.