Der laufende Streit zwischen dem Chiphersteller Qualcomm und Arm Holdings, dem führenden Anbieter von Chip-Architekturen, erreicht die nächste Eskalationsstufe: Arm will Qualcomm die Lizenz für seine Architekturen entziehen. Beide Parteien sehen sich zeitnah vor Gericht, Investoren sind alarmiert. 

Der britische Chipdesigner Arm habe Qualcomm mit einer Frist von 60 Tagen über die Kündigung der Architekturlizenzvereinbarung informiert, berichtet der Börsendienst Bloomberg. Diese Vereinbarung erlaubt es dem US-Konzern, seine Chips nach den Standards von Arm zu entwickeln.

Streit vor Gericht

Damit wird ein bestehender Rechtsstreit verschärft: 2022 verklagte Arm seinen Kunden Qualcomm wegen Vertragsbruchs und Markenrechtsverletzung. Hintergrund: 2021 übernahm Qualcomm den Arm-Lizenznehmer Nuvia. Dies habe dazu geführt, dass Qualcomm geistiges Eigentum von Arm ohne dessen Zustimmung genutzt hat, behauptet Arm. 

Qualcomm argumentiert, sein bestehender Vertrag decke die Aktivitäten des gekauften Unternehmens ab. Am 16. Dezember beginnt der Prozess vor Gericht. Ein Sprecher von Qualcomm äußerte sich optimistisch: „Wir sind zuversichtlich, dass die Rechte von Qualcomm im Rahmen seiner Vereinbarung mit Arm bestätigt werden.“ 

Spürbare Konsequenzen

Im Falle einer Kündigung wäre Qualcomm daran gehindert, eigene Designs mit dem Befehlssatz von Arm zu entwickeln. Über separate Produktvereinbarung könnte das Unternehmen Baupläne von Arm lizensieren, dies würde aber unter anderem zu deutlichen Verzögerungen führen.

Qualcomm hängt wie viele andere Halbleiterunternehmen an den Designs von Arm. Nach eigenen Angaben laufen 99 Prozent aller weltweiten Smartphones auf Prozessoren basierend auf der Architektur von Arm. Qualcomm selbst verkauft jährlich hunderte Millionen von Prozessoren für Smartphones. Ein Ende der Partnerschaft zwischen den beiden Unternehmen könnte somit erhebliche Auswirkungen haben und beispielsweise Qualcomms Pläne bremsen, in den Markt für PC-Prozessoren vorzustoßen. Zudem könnten Qualcomm und Partner, darunter Microsoft, gezwungen sein, die Auslieferung der neuen Laptops zu stoppen. 

Qualcomm (WKN: 883121)

Qualcomm-Aktie reagiert

Investoren reagieren entsprechend nervös: Im heutigen Tradegate-Handel steht für die Papiere von Qualcomm ein Kursrückgang um fast fünf Prozent. Die Hinterlegungsscheine (ADRs) von Arm, größtenteils in Besitz des japanischen Konzerns Softbank, zeigen sich aktuell kaum verändert. 

ARM HOLDINGS PLC REG.SHS(SPONS.ADRS) NEW (WKN: A3EUCD)

Taktischer Vorstoß?

Analysten von Bloomberg Intelligence werten den Vorstoß von Arm als Versuch, sich vor dem Prozessbeginn Mitte Dezember einen Vorteil zu verschaffen. Die gesetzte Frist von 60 Tagen läuft etwa zu diesem Zeitpunkt ab. Als wahrscheinlichstes Ergebnis erachten die Analysten daher einen Vergleich, der Qualcomm die Rechte zur Nutzung der Arm-Architektur einräumt, jedoch zu höheren Lizenzgebühren als Nuvia sie bezahlt hat. Zudem sei der Prozess ein Test für die Preissetzungsmacht von Arm.

Fazit

Die ausgesprochene Kündigung der Lizenz belastet die Beziehung der langjährigen Partner weiter. Sollte Arm den Prozess im Dezember gewinnen, würde dies die Übernahme von Nuvia für Qualcomm weitgehend zunichtemachen und hätte erhebliche Auswirkungen auf das Geschäft. Entsprechend reagiert die Aktie. Eine Einigung vor Ablauf der Frist scheint möglich, aufgrund der Risiken sollten Investoren aber erst einmal abwarten. Arm legt am 6. November Quartalsergebnisse vor.