Ungewohnte Schwäche bei der Überflieger-Aktie: Fast sechs Prozent hat Novo Nordisk in den letzten Wochen eingebüßt. Tatsächlich gab es zuletzt durchwachsene Nachrichten aus Anlegersicht. So war CEO Lars Jørgensen in die USA einbestellt, um vor dem US-Senatsausschuss für Gesundheit, Bildung, Arbeit und Renten Stellung zu den Preisen für Ozempic und Wegovy zu beziehen.
Die beiden Präparate des dänischen Unternehmens dienen zur Behandlung von Diabetes und Adipositas und erfreuen sich in den USA großer Beliebtheit, wo über 40 Prozent der Erwachsenen von krankhaftem Übergewicht betroffen sind. Sie sind aber dort sehr teuer – viel teurer als in anderen Ländern, lautet der Vorwurf amerikanischer Politiker.
Während Ozempic im Monat in den USA mit knapp 1000 Dollar zu Buche schlägt, koste das Medikament in einigen europäischen Ländern lediglich 59 Dollar, argumentierte US-Senator Bernie Sanders, der dem Ausschuss vorsitzt. Wegovy kostet laut Sanders US-Amerikaner pro Monat rund 1350 Dollar, in Europa seien es nur 92 Dollar. Er warf dem dänischen Pharmaunternehmen sogar „Abzocke“ und Gier vor. US-Krankenversicherungen drohe der Ruin, und Patienten ohne Krankenversicherungen könnten sich die Medikamente gar nicht leisten.
Die Frage, wer für die hohen Medikamentenpreise in den USA verantwortlich ist, wird immer wieder diskutiert. Sind es die Pharmakonzerne, die die Listenpreise festlegen? Oder sind es die „Pharmacy Benefit Manager“ (PBM), die in den USA als Vermittler zwischen Herstellern, Apotheken und Krankenversicherungen agieren und Rabatte auf die Listenpreise aushandeln – und im Gegenzug dafür sorgen, dass eine Versicherung diese Medikamente in ihr Leistungsangebot aufnimmt und Patienten damit Zugang zu den Präparaten erhalten?
In den USA werden jedenfalls immer wieder Vorwürfe laut, dass PBMs die Preise für verschreibungspflichtige Medikamente künstlich in die Höhe treiben. Erst vor wenigen Tagen erhob die Federal Trade Commission in diesem Zusammenhang Anklage gegen drei große PBMs. Demnach sollen günstige Insulinpräparate aus dem Angebot von Versicherungen gestrichen worden sein - zugunsten teurerer Produkte, bei denen höhere Rabatte gewährt wurden.
Sanders zufolge haben indes führende Vermittler zugesagt, die Versicherungsleistungen für Ozempic und Wegovy zu erweitern – wenn Novo Nordisk die Preise senke. Damit wollte er offenbar ein klassisches Argument aushebeln, dass Pharmakonzerne in der Regel vorbringen, um ihre Listenpreise nicht senken zu müssen: PBMs haben wenig Anreize, günstige Medikamente ins Leistungsangebot einer Versicherung aufzunehmen – vielmehr sind sie daran interessiert, möglichst teure Medikamente zu verkaufen
Jørgensen ließ sich allerdings nicht dazu hinreißen, eine Preissenkung zu versprechen. Er sei aber bereit, mitzuhelfen, um „strukturelle Probleme“ zu lösen, die verschreibungspflichtige Medikamente in den USA besonders kostspielig machen. Zudem erhalte Novo Nordisk für Ozempic und Wegovy deutlich weniger als den Listenpreis, da man Rabatte gewähre und Gebühren erstatte. Im Übrigen steht auch der Wettbewerber Eli Lilly mit Mounjaro und Zepbound wegen seiner Preispolitik in der Kritik.
Studie zu Abnehmmittel enttäuscht
Unterdessen mussten die Dänen auch einen Rückschlag in der Forschung verkraften. Eine Phase-2a-Studie zu dem Adipositas-Präparat Monlunabant enttäuschte. Zwar verzeichneten die Studienteilnehmer einen Gewichtsverlust von rund sieben Prozent innerhalb von 16 Wochen, doch relativ viele von ihnen berichteten von Nebenwirkungen wie Schlafstörungen und Angstzuständen.
Erst im März hatten die Dänen auf einem Kapitalmarkttag verkündet, dass mit dem Mittel bis zu 15 Prozent Gewichtsverlust möglich sein sollten. Im nächsten Jahr soll nun eine weitere Studie gestartet werden. Novo Nordisk hatte das experimentelle Medikament erworben, als man im vergangenen Jahr die kanadische Biotech-Firma Inversago Pharmaceuticals für eine Milliarde Dollar gekauft hatte.
Fazit
Der Markt für Medikamente zur Behandlung von Übergewicht und Diabetes ist zunehmend umkämpft. Dies könnte sich auch an den Preisen bemerkbar machen. Doch die Nachfrage ist immer noch groß, und Novo Nordisk gehört weiterhin zu den führenden Unternehmen.