Es ist eine weitere Kampfansage an die etablierten Geschäftsbanken in Deutschland: Der Berliner Neobroker Trade Republic führt ein halbes Jahr nach Zuteilung der Vollbanklizenz ein Girokonto ein. Im Gegensatz zu den zu Girokonten anderer Banken bietet es eine Verzinsung von derzeit vier Prozent - das gab es in Deutschland bislang nicht.

Damit versucht der Neobroker den etablierten Filial- und Direktbanken weitere Kunden abzujagen. Bestandskunden von Trade Republic könnten demnach ihre bestehenden Verrechnungskonten einfach weiternutzen, ein neues Konto müsse nicht eröffnet werden. Die bestehenden Konten würden nach und nach mit zusätzlichen Funktionen eines Girokontos ausgestattet, so dass sie als Gehaltskonto oder für den normalen Zahlungsverkehr eingesetzt werden könnten. Die Zinsen würden täglich berechnet, monatlich ausbezahlt und seien für Neu- wie für Bestandskunden gültig, teilte Trade Republic dazu mit. Neu ist auch, dass die Kunden erstmals eine IBAN erhalten und Trade Republic künftig auch eine eigene Bankleitzahl hat (10012345).

Anders als bei Girokonten anderer Banken üblich orientiert sich die Verzinsung für dieses Konto an der Höhe des Einlagensatzes der Europäischen Zentralbank (EZB), der aktuell bei vier Prozent liegt. Das ist rund doppelt so hoch wie die derzeitige durchschnittliche Verzinsung von Tagesgeld in Deutschland. Sollte die EZB auf ihrer Sitzung am 6. Juni den Einlagenzins wie erwartet auf 3,75 Prozent senken, wird auch die Verzinsung des Trade Republic Kontos auf 3,75 Prozent gesenkt.

Fazit

Mit dem Girokonto-Angebot bleibt der Berliner Neobroker seiner aggressiven Vermarktungsstrategie treu. Dass es Trade Republic damit gelungen ist, in dem hart umkämpften deutschen Bankenmarkt vier Millionen Kunden auf seine Seite zu ziehen, ist durchaus bemerkenswert. Die Berliner zünden eine Kampagne nach der anderen und treffen dabei nicht nur den Nerv der Zeit, sondern lassen die etablierten Institute ziemlich alt aussehen.

Trade-Republic-Chef Christian Hecker kann dabei auch eine positive Zwischenbilanz der im Januar in Kooperation mit Visa eingeführten Bezahlkarte ziehen, die dem Neobroker praktisch aus den Händen gerissen wurde. Inzwischen sei die Zahl der Kartennutzer auf eine Million angewachsen. „Die Karte übertrifft unsere Erwartungen", freut sich Hecker.  Insgesamt hat Trade Republic derzeit vier Millionen Kunden - und das Marktpotenzial dürfte noch längst nicht ausgeschöpft sein.