Diese beiden Unternehmen haben viel gemein: Sie produzieren Windturbinen, bauen Gaskraftwerke sowie Wasserstoffanlagen und errichten Stromnetze – Siemens Energy und die GE-Tochter Vernova sind in denselben Geschäftsfelder unterwegs. Weitere Gemeinsamkeiten: Sie beackern den Zukunftsmarkt nachhaltige Energien, ihre Auftragsbücher sind für die kommenden Jahre prall gefüllt. Und sie sind beide börsennotiert. Siemens Energy seit rund dreieinhalb Jahren, GE Vernova ab Dienstag.
Der Ableger des US-Traditionskonzerns startet als eigenständiges Unternehmen an der Wall Street. Im Gegensatz zum deutschen Konkurrenten behält die Muttergesellschaft keine Anteile. GE-Aktionäre erhalten für vier Anteilscheine eine Aktie von Vernova. Ein weiterer Unterschied: Die Amerikaner sind profitabel. Zuletzt schrieben sie ein operatives Plus von 800 Millionen Dollar und wiesen eine positive Ebitda-Marge von 1,7 Prozent auf. Sie decken nach eigener Aussage 20 Prozent des 1,4 Billionen Dollar schweren US-Markts ab.
Der DAX-Konzern hingegen kämpft nach wie vor mit großen Problemen. Die technischen Schwierigkeiten bei der spanischen Windkrafttochter Games ließen den Kurs Ende Oktober auf unter sieben Euro einbrechen. Seither geht es wieder bergauf – im ersten Quartal war die Gesellschaft mit einem Plus von mehr als 40 Prozent sogar der zweitbeste Wert im DAX nach Rheinmetall. Dennoch hat Siemens Energy seit der Ausgründung nur Verluste gemacht. Im Geschäftsjahr 2022723 waren es 4,6 Milliarden Euro bei 31 Milliarden Umsatz.
Branchenkenner erwarten einen spannenden Wettbewerb zwischen den beiden Unternehmen. Siemens Energy ist bei der Leitungstechnik besser aufgestellt, GE Vernova ist im Kraftwerksgeschäft stärker. Für beide entscheidend wird jedoch sein, wie es bei der Windkraft laufen wird. Denn auch bei GE Vernova stehen da noch dicke rote Zahlen. Ein Minus von einer Milliarden Euro lief im vergangenen Jahr auf. Schon im kommenden Jahr sollen die Zahlen allerdings schwarz sein.
Die Energiewende ist in vielen Ländern im Gang, es winken Milliardenumsätze. Allein um Südostasien mit sauberer Energie zu versorgen, sind laut Morgan Stanley Equity Research Investitionen von einer Billion US-Dollar nötig. GE Vernova rechnet daher mit einer Verdoppelung des Geschäfts. Manager des Konzerns waren vor zwei Wochen Teil einer US-Wirtschaftsdelegation in Vietnam. Bei Siemens Energy denkt man hingegen darüber nach, sich aus dem indischen Markt zurückzuziehen. CEO Christian Bruch will die Windkraftsparte durch Selektion sanieren, indem sie künftig nicht mehr alle Märkte bedienen soll und die Produktpalette schrumpft.
Der Druck auf Bruch dürfte jedenfalls durch den Konkurrenten wachsen. Denn Erfolg und Misserfolg lassen sich jetzt auch direkt an den Börsenkursen der beiden Unternehmen ablesen.