Spektakulärer Schachzug im Übernahmekampf um die Commerzbank: Unicredit-Chef Andrea Orcel hat in einem Interview einen Verkauf der 26prozentigen Beteiligung an der Commerzbank „an eine Bank außerhalb Europas" nicht mehr ausgeschlossen.

Damit spitzt sich der Übernahmekampf erneut zu. Unicredit hat sich vor knapp einem Jahr an der Commerzbank beteiligt und ihren Anteil sukzessive auf derzeit 26 Prozent ausgeweitet - mit dem erklärten Ziel einer Übernahme der zweitgrößten deutschen Bank. Das Commerzbank-Management, aber auch der Bund als zweitgrößter Aktionär haben sich vehement gegen einen Einstieg der Italiener ausgesprochen.

In einem Interview mit der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" hat Unicredit-Chef Orcel jetzt ein ungewöhnliches Szenario ins Spiel gebracht. „Sollten unsere Aktionäre genug von der Sache bekommen, könnte ich unseren Commerzbank-Anteil auch einfach mit Gewinn wieder verkaufen", sagte er in dem Interview. „Was würde passieren, wenn eine Bank, die nicht aus der EU stammt, am meisten für unsere Anteile bieten würde? Dann müsste ich aus Verpflichtung meinen Aktionären gegenüber diese Offerte annehmen.“

Gefallen würde ihm dies natürlich nicht, fügte er hinzu. Denn am liebsten würde er eine europäische Großbank schmieden. „Aber wenn dies nicht gewünscht ist, gelten selbstverständlich die Regeln der freien Marktwirtschaft.“

Fazit

Unicredit-Chef Orcel gilt als gewiefter und mit allen Wassern gewaschener Investmentbanker. Mit der Drohung, den Commerzbank-Anteil meistbietend an einen Investor oder ein Geldhaus außerhalb Europas zu verkaufen, malt er ein spektakuläres Szenario an die Wand. 

Tatsächlich könnten US-Banken oder asiatische Banken etwa aus China oder Japan durchaus Interesse an einem Einstieg bei der Commerzbank haben, um sich so einen Marktzugang zur EU zu verschaffen. Einige außereuropäische Banken beschreiten bereits diesen Weg. So hatte die US-Bank JP Morgan erst kürzlich den Start ihrer Digitalbank Chase auf dem deutschen Markt im Jahr 2026 angekündigt. Damit zielt sie vor allem auf das Privatkundengeschäft. In China suchen Großbanken wie ICBC oder Bank of China internationale Expansionsmöglichkeiten, insbesondere im Unternehmenskundengeschäft. Die Commerzbank ist in beiden Segmenten gut im deutschen Markt positioniert. Wie realistisch ein Übernahmeszenario durch eine außereuropäische Bank tatsächlich ist, ist aber fraglich. 

Commerzbank (WKN: CBK100)

Hinweis auf Interessenkonflikte
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