Die Rechtsstreitigkeiten rund um möglicherweise krebserregendes Baby-Puder werden für Johnson & Johnson (J&J) immer teurer. Nun stimmte der US-Pharma-Riese einem Vergleich und einer Zahlung im hohen dreistelligen Millionenbereich zu. Der Schritt belastet auch die Aktie, deren jüngster Erholungsversucht abgewürgt wird.

Um die Untersuchungen von insgesamt 42 US-Bundesstaaten sowie auf Bundesebene beizulegen, hat sich Johnson & Johnson auf eine Vergleichszahlung über 700 Millionen Dollar geeinigt. Damit lassen die Behörden auch den Vorwurf fallen, der Konzern habe in einer Werbekampagne für sein Talkumpuder die angeblichen Gesundheitsrisiken des Produkts verschleiert. Der Vergleich bedeutet kein Schuldeingeständnis des Pharma-Riesen, der weiterhin die Position vertritt, das Produkt sei sicher und nicht krebserregend.

Nicht vom Tisch sind allerdings die tausenden Klagen von Privatpersonen, der überwiegende Anteil davon Frauen. Die meisten machen das Talkumpuder für ihre Erkrankung an Eierstockkrebs verantwortlich, da dieses Spuren von krebserregendem Asbest enthalten haben soll. Zu Ende März lag die Zahl der offenen Klagen bei fast 61.500.

Erst Anfang Mai hatte Johnson & Johnson den Klägern ebenfalls einen Vergleich vorgeschlagen. Bis Ende Juli soll sie über eine 6,48 Milliarden Dollar schweren Zahlung entscheiden. Wird sie angenommen, wäre für den Konzern der Weg zu einem dritten Anlauf eines sogenannten „texanischen Wechselschritts“ (engl. Texas Two-Step) frei. Dieses, unter Juristen durchaus umstrittenes, Manöver nutzt eine Besonderheit des Texanischen Firmenrechts, das es erlaubt, Aktiva und Passiva in getrennte Einheiten aufzuteilen. Anschließend wird für die Gesellschaft mit den Verbindlichkeiten die Insolvenz beantragt. Der Vorteil: Die Vergleichsverhandlungen mit den übrigen Klägern würden einmalig gebündelt vor einem Konkursrichter stattfinden. Dem Vernehmen nach prüft auch Bayer einen solchen Schritt, um der nicht enden wollenden Welle an Glyphosat-Klagen Herr zu werden (€uro am Sonntag berichtete).

Johnson & Johnson (WKN: 853260)

Die Anleger reagieren wenig begeistert auf den jüngsten Vergleich zwischen Johnson & Johnson und der US-Justiz. Die Aktie des Pharma-Riesen gab am Mittwoch im Xetra-Handel 1,3 Prozent nach und startet auch am Donnerstag mit leichten Verlusten in den Handel. Die zum Monatswechsel begonnene Erholung ist damit fürs Erste gescheitert.

Fazit

Der Vergleich mit den US-Bundesstaaten ist ein wichtiger Meilenstein für den Konzern. Gleichzeitig dürften ihn die Klagen um das Talkumpuder noch einige Zeit beschäftigen: Erst am Mittwoch haben Kläger bei einem US-Bundesgericht eine einstweilige Verfügung beantragt, die einen neuen Konkursantrag in einem anderen Bezirk als New Jersey verhindern soll. Eine rasche Erholung der Aktie, die auf Sicht von zwölf Monaten rund neun Prozent eingebüßt hat, ist daher unwahrscheinlich.