Die Staatsanwaltschaft München ermittelt gegen frühere Verantwortliche des Agrarkonzerns Baywa wegen Verdacht auf Bilanzmanipulation. Das wurde auf der heutigen Hauptversammlung bekannt. Die Aktie bleibt derweil ein Spielball für Zocker, die die genossenschaftsnahe Struktur ausnutzen.
Die Krise beim Agrarkonzern Baywa nach einer gescheiterten Expansion und Milliardenverlusten spitzt sich immer weiter zu. Auf der heutigen Hauptversammlung wurde bekannt, dass die Staatsanwaltschaft München Ermittlungen eingeleitet hat. Demnach werde geprüft, ob Vorstände im Jahresabschluss 2023 die Finanzlage des Unternehmens falsch dargestellt haben. Das berichtete Aufsichtsratschef Gregor Schelle. Dem heutigen Vorstandschef Frank Hiller zufolge hat die Baywa selbst eine Prüfung eingeleitet und prüft Schadensersatzansprüche gegen die früheren Führungskräfte. Dies betreffe auch den früheren Vorstandschef Klaus Josef Lutz. Geprüft werde unter anderem eine Rückforderung der millionenschweren Abfindung. Eine Prüfung laufe auch zu den Jahresabschlüssen und den Wirtschaftsprüfern, die die 2023er Bilanz abgesegnet hätten.
Die für die Misere verantwortlichen Manager, darunter der langjährige Aufsichtsratsvorsitzende Klaus Josef Lutz, der erst im Frühjahr 2023 angetretene Vorstandschef Marcus Pöllinger und der langjährige Finanzvorstand Andreas Helber haben das Unternehmen schon vor Monaten verlassen.
Den vor Kurzem veröffentlichten Halbjahreszahlen zufolge ächzt die Baywa weiterhin unter den hohen Kosten des Konzernumbaus und der immensen Zinslast als Folge einer Verschuldung von fast sechs Milliarden Euro. Unter dem Strich steht ein Verlust von mehr als einer halben Milliarde Euro im ersten Halbjahr.
Der Baywa-Aktienkurs ist getrieben von Turnaround-Spekulationen seit dem Frühjahr um rund ein Viertel gestiegen. Im Monatsvergleich liegt die Aktie zehn Prozent im Minus. Die Titel dürften weiter hochvolatil bleiben aufgrund fragwürdiger Fundamentaldaten und des ungewissen Ausgangs der Sanierung.
Fazit
Dieses Umfeld lockt spekulative Anleger, die auf starke Kursschwankungen setzen. Dabei profitieren sie auch von der besonderen Aktionärsstruktur der Baywa: Viele Aktionäre sind zugleich Kunden wie beispielsweise Landwirte, für die die Baywa-Aktie häufig auch Teil ihrer Altersvorsorge ist. „Durch diese genossenschaftsnahe Struktur gibt es eine Mischung aus Vertrauen und Furcht - ein idealer Nährboden für spekulative Strategien", sagt ein Branchenkenner. Es ermögliche kurzfristiges Trading auf Volatilität, aber auch langfristige Spekulation auf den Sanierungserfolg. Dabei würden auch Hebelprodukte zum Einsatz kommen (Optionsscheine, CFDs). Eine weitere Strategie sei sofortiges Reagieren auf Ad-hoc-Mitteilungen, etwa zu Beteiligungsverkäufen. So werde beispielsweise für den größten Verlustbringer, die Solar- und Windparktochter Baywa r.e., noch immer ein Käufer gesucht.