Zu den Hochzeiten der Corona-Krise gab es nur zwei Möglichkeiten: selbst kochen oder Pizza, Sushi oder andere Köstlichkeiten beim Lieblingsrestaurant bestellen und nach Hause liefern lassen. Letztere Variante erfreute sich großer Beliebtheit, und so beteiligte sich der Essens- und Lebensmittellieferdienst Delivery Hero 2021 am britischen Wettbewerber Deliveroo.
Schwer verdaulich
Das sollte noch mehr Wachstum bringen – doch mit dem Ende der Pandemie kehrte Ernüchterung ein. Nun, zweieinhalb Jahre später, ziehen die Berliner die Reißleine und verkaufen ihre Anteile mit Verlust.
Alles muss raus
Das Berliner Unternehmen platzierte am Montagabend seine 68,2 Millionen Deliveroo-Aktien zum Preis von umgerechnet 90 Millionen Euro bei institutionellen Investoren, und das mit rund sieben Prozent Abschlag zum Deliveroo-Schlusskurs des Vortages. Das Paket entspricht einer Beteiligung von 4,5 Prozent an den Briten. Nach dem Verkauf halten die Berliner keine Deliveroo-Aktien mehr. Die Beteiligung an den Briten während der Corona-Krise dürfte die Berliner wohl über 300 Millionen Euro gekostet haben.
Gürtel wird enger geschnallt
Inzwischen ist das Umfeld für den Plattform-Betreiber zur Bestellung von Mahlzeiten und Lebensmitteln deutlich herausfordernder geworden. Das Unternehmen ist vor allem international aktiv und spürt die Folgen der gestiegenen Inflation in vielen Ländern. Die Kundschaft bestellt angesichts hoher Lebenshaltungskosten nicht mehr so fleißig, zudem wollen die Investoren Fortschritte bei der Profitabilität sehen.
Schlank und effizient
Das Geld aus dem Verkauf der Deliveroo-Anteile kann das MDAX-Mitglied zweifellos gut brauchen – von „allgemeinen Unternehmenszwecken“ ist etwas nebulös die Rede. Bereits im September meldeten die Berliner, dass man das Geschäft in mehreren Ländern in Südostasien unter der Marke „Foodpanda“ verkaufen wolle. Im Dezember wurde verkündet, dass man in Berlin, wo sich die Zentrale befindet, Stellen streichen werde. Und auch Technologiestandorte in Taiwan und der Türkei werden geschlossen.
Im Sinne der Aktionäre
Was sagen die Analysten? Bei der UBS bewertet Jo Barnet-Lamb den Ausstieg als „wenig überraschend und vernünftig“. Das Management werde pragmatischer und treffe zunehmend aktionärsfreundliche Entscheidungen. Die Aktie wird bei der Schweizer Bank weiterhin mit Kaufen und einem Kursziel von 45 Euro eingestuft.
Fazit
Die Marktteilnehmer sind indes anderer Meinung: Auf die Ausstiegsmeldung reagierte die Aktie mit einem Absturz von zwischenzeitlich fast zehn Prozent – ein Ende der mehrjährigen Talfahrt zeichnet sich nicht ab. Mit einem Minus von über 60 Prozent in den letzten zwölf Monaten ist der Titel aktuell Schlusslicht im MDAX. Das Allzeithoch aus dem Jahr 2021 ist nicht mal ansatzweise in Sicht: Damals hatte der Wert, der zwischenzeitlich sogar im DAX notiert war, 145 Euro gekostet.