Mit einem kräftigen Sprung nach oben startete die Aktie von Compugroup in die Börsenwoche. Die Papiere des Softwarehersteller für die Gesundheitsbranche hatten im vergangenen Jahr rund sieben Prozent verloren – das war übertrieben, meint jedenfalls die Privatbank Berenberg.
Analyst Wolfgang Specht stufte den SDAX-Wert auf „kaufen“ hoch. Sein Kursziel liegt weiterhin bei 49 Euro, was gegenüber dem aktuellen Kurs rund 28 Prozent Plus wäre.
Höhere Preise, viele Aufträge
Der Experte traut den Koblenzern in diesem Jahr vor dem Hintergrund voller Auftragsbücher im Bereich Hospital Information Services (HIS) Wachstum zu. In diesem Bereich bedient das Unternehmen Krankenhäuser, und zwar nicht nur medizinisches Fachpersonal, sondern auch die Verwaltung. Auch Preiserhöhungen im Segment Ambulatory Information Services (AIS) sowie höherwertige Datenlösungen dürften das Geschäft anschieben.
Auch die US-Bank Morgan Stanley stufte die Aktien von „untergewichten“ auf „gleichgewichten“ auf.
E-Rezept sorgt für Schwung
Compugroup Medical hat sich der Digitalisierung des Gesundheitswesens verschrieben und entwickelt entsprechende Software-Lösungen für Arztpraxen, Apotheken, Labore und Krankenhäuser. In den ersten sechs Monaten 2023 verzeichnete das Unternehmen starkes Wachstum, nicht zuletzt wegen des elektronischen Rezepts, das in Deutschland zum 1. Januar gestartet ist.
Schluss mit Zettelwirtschaft
Das so genannte E-Rezept wird digital erstellt, so dass der rosa Zettel entfällt. Patienten erhalten in der Apotheke ihre verschreibungspflichtigen Medikamente idealerweise per Gesundheitskarte oder App auf dem Smartphone – wer Papier bevorzugt, kann allerdings weiterhin einen Ausdruck erhalten. Natürlich mussten Ärzte und Ärztinnen sowie Apotheken die nötigen technischen Voraussetzungen dafür schaffen.
Ernüchterung setzt ein
Im dritten Quartal ließ indes der Schwung bei Compugroup etwas nach, was sich in einen sinkenden Aktienkurs übersetzte. Ob die Software-Schmiede die eigenen Ziele – ein organisches Umsatzplus von rund fünf Prozent sowie Prozent einen um Sondereffekte bereinigten operativen Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen von 260 bis 300 Millionen Euro – erreicht hat, wird sich am 7. Februar zeigen, wenn die vorläufigen Zahlen für das Geschäftsjahr 2023 veröffentlicht werden.
Auf in die Zukunft
Indes hat das Unternehmen, dessen Produkte Gesundheitsprofis in 60 Ländern nutzen und mit seinen Systemen für Arztpraxen hierzulande Marktführer ist, gute Chancen, von der Digitalisierungsoffensive des deutschen Gesundheitsministers Karl Lauterbach zu profitieren.
Lauterbach will mehr Digitalisierung
Im Mittelpunkt seiner Pläne steht die elektronische Patientenakte, die ab 2025 kommen soll. Auch das Krankenhauszukunftsgesetz der Bundesregierung sorgt für Fantasie: Hier stellen Bund und Länder insgesamt 4,3 Milliarden Euro bereit, damit Krankenhäuser Digitalisierungsprojekte umsetzen und sich vor Hackerangriffen schützen können. In Zusammenhang mit dieser Initiative verzeichnete Compugroup in mehreren aufeinander folgenden Quartalen einen Anstieg der Projekte. Anfang September wurden die Umsatzerwartungen, die die Firma mit entsprechenden Projekten in den kommenden Jahren erreichen will, auf 140 bis 160 Millionen Euro angehoben.
Künstliche Intelligenz (KI) steht indes weit oben auf der Agenda: Bereits im vergangenen Jahr starteten die Koblenzer eine Initiative, um verstärkt KI, maschinelles Lernen und so genannte Large Language Models einzusetzen.
Fazit
Die Aktie sprang zum Wochenstart zwischenzeitlich um neun Prozent nach oben. Bei der Präsentation der vorläufigen 2023er Zahlen Anfang Februar dürften sich Investoren Signale zu den weiteren Wachtumsperspektiven erhoffen.