Im Interview mit €uro am Sonntag kündigt Baywa-Finanzvorstand Andreas Helber radikale Einschnitte ins Beteiligungsportfolio und strengere interne Renditevorgaben an. Quersubventionierung werde es nicht mehr geben, und von nicht profitablen Bereichen werde man sich trennen.

Der SDAX-Konzern war als Folge einer missglückten Expansionsstrategie und hoher Verschuldung tief in die roten Zahlen geraten. In den ersten drei Monaten verbuchte der mehr als 100 Jahre alte Konzern mit 108 Millionen Euro den größten Quartalsverlust in seiner Geschichte. „Wir werden 2024 wieder in die Gewinnzone kommen", verspricht Helber.

€uro am Sonntag: Nicht zuletzt ein hoher Zinsaufwand hat die Baywa im ersten Quartal tief in die roten Zahlen gedrückt. Die Eigenkapitalquote liegt mit nur noch zwölf Prozent weit vom Zielwert von 20 Prozent entfernt. Halten Sie noch an Ihrem Eigenkapital-Zielwert von 20 Prozent fest, und bis wann werden Sie ihn erreichen?

Andreas Helber: Unser Ziel ist klar: Eine deutliche Erhöhung der Eigenkapitalquote. Bis zum Jahr 2026 wollen wir uns dem Zielwert von 20 Prozent annähern. Das ist eine unserer strategischen Prioritäten.

Und wie wollen Sie das schaffen?

Positive Ergebnisbeiträge werden bereits im laufenden Geschäftsjahr und in den Folgejahren zu einer Erhöhung des Eigenkapitals beitragen. Auch die einmalige Aussetzung der Dividendenzahlung stärkt das Eigenkapital. Zudem werden wir durch den bereits eingeleiteten Bestands- und Schuldenabbau unsere Bilanzsumme signifikant verringern, was sich positiv auf die Eigenkapitalquote auswirkt. Und dabei kommen wir gut voran: Wir konnten unsere Bilanzsumme im ersten Quartal bereits um eine halbe Milliarde im Vergleich zum Vorjahr reduzieren.

Inwieweit spielen Desinvestitionen eine Rolle?

Ein weiterer Kern unserer Strategie 2030 ist die Portfoliobereinigung. Aktuell schauen wir uns das gesamte Beteiligungsportfolio daher genau an. Beteiligungen, die nicht auf das Ergebnis und eine Stärkung des Eigenkapitals einzahlen, werden optimiert und im Zweifel auch abgestoßen. Das heißt ganz klar: Wir trennen uns von nicht profitablen Einheiten.

Welche Rentabilitätskriterien müssen die Konzernbereiche künftig erfüllen?

Jede Einheit muss für sich zunächst die Kapitalkosten verdienen und darüber hinaus einen „Economic Profit“ erwirtschaften. Quersubventionierung zwischen den Geschäftsbereichen soll es nicht mehr geben. Wie gesagt: Grundsätzlich überprüfen wir, wie dargelegt, unser gesamtes Portfolio. Marktchancen und Profitabilität stehen dabei im Vordergrund.

Von welchen Geschäftsbereichen könnten Sie sich denn konkret trennen?

Wir reden unter anderem über den Verkauf des Solarhandelsgeschäfts, der zu einer deutlichen Schuldenreduktion führen wird. Wir beobachten das Marktumfeld hier sehr genau und werden den Prozess in der zweiten Jahreshälfte wieder aufnehmen.

Steht auch das Segment Regenerative Energien zur Disposition?

Nein, das Segment Regenerative Energien ist eines unserer beiden großen Wachstumsfelder und steht nicht zur Disposition. Aber auch hier prüfen wir Optimierungsmaßnahmen.


Es gab immer wieder Spekulationen über eine Kapitalerhöhung. Schließen Sie eine solche Maßnahme immer noch aus?

Eine Kapitalerhöhung steht derzeit nicht im Raum. Wir werden die Eigenkapitalstärkung unter anderem mit den beschriebenen Maßnahmen aus eigener Kraft stemmen.

In welchen Bereichen sehen Sie künftig die größten Wachstums­chancen für Ihr Geschäft?

Unsere großen Wachstumsfelder sind der internationale Getreide- und Spezialitätenhandel sowie die erneuerbaren Energien. Diese Bereiche stehen weiterhin im Fokus.

Welche Maßnahmen planen Sie konkret, um die Verschuldung zu reduzieren und das Eigenkapital zu stärken?

Optimierungspotenziale liegen insbesondere im Bestandsmanagement, konkret in den Bereichen Agrar/Technik und im Solarmodulhandel. Hier werden wir zur Jahresmitte bereits 300 Millionen Euro an Beständen abgebaut und damit konkret Schulden reduziert haben. Weitere Portfolio-Optimierungen betreffen sowohl das Kerngeschäft als auch erneuerbare Energien. Für die Umsetzung der Maßnahmen haben wir uns einen Zeitraum von zwölf bis 15 Monaten gesetzt.

Allein im ersten Quartal 2024 überstieg der Verlust bereits das gesamte Vorjahresminus. Wie schaffen Sie 2024 den Turnaround?

Dem weiteren Verlauf des Geschäftsjahres blicke ich sehr zuversichtlich entgegen. Wir werden 2024 wieder in die Gewinnzone kommen. Durch Performancesteigerungen im operativen Bereich, aber auch durch den Wegfall von Einmalaufwendungen und -effekten aus dem Geschäftsjahr 2023. Auch der uns zuletzt stark belastende Zinsaufwand wird durch die getroffenen Maßnahmen für das laufende Geschäftsjahr sinken. Wir gehen hier von Zinsaufwendungen von rund 320 Millionen Euro für das Geschäftsjahr 2024 aus, sodass wir mit einem positiven Ergebnis vor Steuern rechnen können. Auch die Pläne für 2025/26 weisen übrigens weitere deutliche Performanceverbesserungen auf.


BayWa (WKN: 519406)