Der Spezialist für Fernwartungs-Software will anorganisch wachsen und kündigt dafür seine bislang größte Übernahme an. Investoren des MDAX-Mitglieds reagieren allerdings besorgt auf den Vorstoß und schicken die Anteilsscheine deutlich in den Keller. Zurecht?
Das MDAX-Mitglied Teamviewer will 1E, einen Anbieter von Digital-Employee-Experience-(DEX)-Software, übernehmen. Das britische Unternehmen befindet sich mehrheitlich im Besitz der Private-Equity-Gesellschaft Carlyle.
Auf so genannter „cash and debt free“-Basis beziffert Teamviewer den Unternehmenswert mit 720 Millionen Dollar, umgerechnet 686 Millionen Euro. Es ist der bislang teuerste Zukauf der Göppinger. Vorbehaltlich erforderlicher Genehmigungen soll der Zusammenschluss Anfang des kommenden Jahres abgeschlossen werden.
Anorganisches Wachstum
Die Lösungen von 1E umfassen beispielsweise Echtzeit-Diagnosen, Fehlerbehebung und Automatisierung zur Beseitigung von Störungen. Dies soll Ausfallzeiten und Kosten senken und die Zufriedenheit von Mitarbeitern erhöhen. Zu den Kunden zählt 1E große Namen wie Nike, Baillie Gifford oder Schneider Electric.
In den letzten drei Jahren habe 1E im Schnitt jeweils ein zweistelliges profitables Umsatzwachstum erzielt, teilte Teamviewer mit. Das Unternehmen will künftig seine Lösungen für Fernwartung und -support mit der autonomen IT-Plattform von 1E zusammenführen. Dies soll unter anderem dazu führen, dass sich einige IT-Probleme bereits vor ihrem Auftreten proaktiv verhindern lassen. Obendrauf soll Mark Banfield, CEO von 1E, in den Vorstand von Teamviewer einziehen.
Investoren besorgt, Verschuldung steigt
Bei den Investoren sorgt der Deal nicht für Begeisterung. Dass bei einer angekündigten Übernahme die Aktie des potenziellen Käufers nachgibt, ist dabei nicht überraschend. Für Teamviewer-Papiere geht es allerdings kräftig abwärts; Im Tradegate-Handel steht zur Stunde ein Minus von mehr als zwölf Prozent.
Aktienexperte Frederik Altmann von Alpha Wertpapierhandel verwies auf Bedenken, dass sich Teamviewer mit dem Deal verheben könnte. Investmentbank Goldman Sachs bestätigte zwar ihr Kaufvotum, verwies aber auch auf die steigende Verschuldungsquote.
Weitere Rückkäufe auf Eis
Teamviewer finanziert den Deal über eigene Mittel und Schulden. Nach Abschluss der Transaktion steigt die Nettoverschuldung voraussichtlich auf etwa das 3,3-fache des bereinigten operativen Ergebnisses (Ebitda). Bis Ende 2026 soll der Wert auf unter 2,0 reduziert werden. Weitere Aktienrückkäufe seien in den kommenden zwei Jahren "unwahrscheinlich", wird Teamviewer-Chef Oliver Steil zitiert.
In Erinnerung geblieben sein dürfte vielen Investoren dabei auch der Sponsoring-Deal mit dem englischen Fußballclub Manchester United, der die Ergebnisentwicklung von Teamviewer belastete. Hinzu kommt: Wie sich Übernahmen bei Teamviewer auf das Geschäft auswirken, ist bislang schwer zu bewerten. Vor der heutigen Ankündigung gab das Unternehmen fünf Übernahmen bekannt, vor allem in den Jahren 2020 und 2021. Damals und in den Folgemonaten bescherte die Corona-Pandemie dem Unternehmen ohnehin eine Sonderkonjunktur.
Fazit
Die Reaktion der Börse zeigt: Der bislang größte Zukauf geht bei Teamviewer mit Vorbehalten der Investoren einher. Teamviewer ist an der Börse momentan selbst nur noch etwa 1,7 Milliarden Euro wert. Hinzu kommt die wachsende Verschuldung. Dazu muss sich erst zeigen, wie sich die Übernahme auf die Ergebnisse von Teamviewer auswirkt. Seit rund drei Jahren tendieren die Papiere der Göppinger mehr oder weniger seitwärts.