Die italienische Großbank kommt bei der geplanten Übernahme der Commerzbank nicht voran. Im Abwehrkampf gegen das Mailänder Geldhaus zeigt sich das Frankfurter Institut erstaunlich kreativ.
Unicredit-Chef Andrea Orcel äußert sich zunehmend skeptisch zur beabsichtigten Übernahme der Commerzbank. Auf einer Investorenkonferenz in London sagte er jetzt, eine Entscheidung könne sich bis 2027 verzögern. Bankendeals seien im aktuellen Umfeld schwieriger geworden, so Orcel.
Das trifft vor allem auf die Commerzbank zu. Unicredit war im Herbst 2024 beim Frankfurter Geldhaus eingestiegen, hält mittlerweile direkt und indirekt 28 Prozent und strebt seitdem die Übernahme an. Doch die Zeit läuft eher gegen die Italiener.
Zwar hatte Unicredit erst vergangene Woche grünes Licht von Seiten der EZB-Bankenaufsicht bekommen, seinen Aktienanteil direkt auf bis zu 29,9 Prozent aufzustocken. Dennoch steht laut Orcel eine zeitaufwendige Genehmigung durch das Bundeskartellamt an, außerdem Gespräche mit der neuen Bundesregierung. Denn der Bund als größter Anteilseigner der Commerzbank lehnt eine Übernahme bislang ab.
Doch Unicredit wird auch von Maßnahmen der Commerzbank gebremst, die Investmentbanker als „Giftpillen" bezeichnen. So hat sich der Aktienkurs seit dem Unicredit-Einstieg im Herbst fast verdoppelt - was den Deal deutlich verteuert. Mittlerweile nähert er sich 25 Euro - laut Finanzkreisen die Schmerzschwelle der Italiener für ein Übernahmeangebot. Darüber ärgerte sich Orcel in London besonders: Die Commerzbank habe den Kursanstieg durch ihre ehrgeizigeren Gewinnziele und ein Aktienrückkaufprogramm selbst angetrieben, schimpfte der Unicredit-Chef. Vor allem das Aktienrückkaufprogramm hält Orcel für völlig überflüssig.
Zu den Giftpillen der Commerzbank zählt aber auch die vorzeitige Verlängerung von zwei Vorstandsmandaten um fünf Jahre bis 2030, „um Kontinuität im Vorstand zu sichern", wie das Institut vieldeutig mitteilte. Die Bank hat außerdem Mitte Februar einen Mietvertrag bis 2043 für einen Büroturm in Frankfurt mit 3200 Arbeitsplätzen abgeschlossen. Diese langfristigen Verpflichtungen schaden der Commerzbank nicht. Aber sie können Kosten und Aufwand für einen potenziellen Käufer erhöhen, und sie schränken seinen Handlungsspielraum ein.
Fazit
Der starke Kursanstieg bei der Commerzbank geht natürlich in erster Linie auf das Konto der Übernahmefantasie, die Unicredit selbst ausgelöst hat. Unicredit-Chef Orcel nimmt durch seine Bemerkungen über eine Verzögerung des Deals etwas Luft aus dieser Spekulation, und kann so den Aktienkurs wieder etwas drücken. Doch ganz von der Hand zu weisen ist es nicht, dass auch die Giftpillen der Commerzbank ihre Wirkung zeigen.
Hinweis auf Interessenkonflikte
Der Vorstand und Mehrheitsinhaber der Herausgeberin Börsenmedien AG, Herr Bernd Förtsch, ist unmittelbar und mittelbar Positionen über die in der Publikation angesprochenen nachfolgenden Finanzinstrumente oder hierauf bezogene Derivate eingegangen, die von der durch die Publikation etwaig resultierenden Kursentwicklung profitieren können: Commerzbank.