Die Papiere des kriselnden IT-Dienstleisters schießen in die Höhe, im Wochenverlauf hat sich der Kurs der Atos-Aktie bereits vervielfacht. Der kriselnde Konzern verhandelt den Verkauf von Geschäftsaktivitäten an den französischen Staat. Es winkt ein dreistelliger Millionenbetrag.
Der französische Staat will Aktivitäten von Atos im Bereich „Advanced Computing“ übernehmen. Darin bündelt der Konzern seine Aktivitäten für Quanten-Computing, Business Computing, High-Performance-Computing und künstliche Intelligenz. Das Segment Advanced Computing ist Teil des Geschäftsbereich BDS (Big Data und Cybersicherheit). Im vergangenen Jahr erzielte Advanced Computing einen Umsatz von rund 570 Millionen Euro, der gesamte Atos-Konzern kam auf etwa 10,7 Milliarden Euro.
Exklusive Verhandlungen
Die unverbindliche Offerte basiert auf einem Unternehmenswert von 500 Millionen Euro. Inklusive erfolgsabhängiger Zahlungen kann der Betrag auf bis zu 625 Millionen Euro steigen. Bis zum 31. Mai 2025 befinden sich beide Seiten nun in exklusiven Verhandlungen. Bis dahin soll, vorbehaltlich notwendiger Genehmigungen, ein Kaufvertrag unterschrieben werden. Atos soll dann auch eine erste Zahlung in Höhe von 150 Millionen Euro erhalten.
In Absprache mit seinen Gläubigern wird das verschuldete Atos einen Sachverständigen beauftragen, um zu prüfen, ob die Angebotsbedingungen einen angemessenen Marktwert widerspiegeln.
Weitere Verkäufe geplant
Eine vorangegangene Offerte habe auch die Bereiche „Mission Critical Systems“ und „Cybersecurity Products“ umfasst. Für beide Bereiche hat sich Atos verpflichtet, einen Verkaufsprozess einzuleiten. Potenzielle Käufer brauchen die Genehmigung des französischen Staates. Atos ist bedeutender Zulieferer für wichtige Industriezweige, weshalb sensible Geschäftsbereiche unter französischer Kontrolle bleiben sollen. Mission Critical Systems und Cybersecurity Products generierten im vergangenen Jahr Umsätze von etwa 340 Millionen Euro.
Der Verkauf der Advanced-Computing-Aktivitäten steht im Einklang mit dem im November bewilligten beschleunigten Schutzplan für das kriselnde Unternehmen und wirkt sich auch auf die laufende Kapitalerhöhung aus. Die Zeichnungsfrist wird nun verlängert. Zuletzt veräußerte Atos bereits seinen Geschäftsbereich Worldgrid, spezialisiert auf Beratungs- und Ingenieurdienstleistungen für Energie- und Versorgungsunternehmen, an den französischen Ingenieurdienstleister Alten.
Kursexplosion auf tiefem Niveau
An der Börse sorgt der geplante Teilverkauf an den französischen Staat für Ekstase. Allein seit Montag legte der Aktienkurs in Frankfurt rund Prozent 160 zu, zwischenzeitlich waren es noch mehr. Der Aufschwung erfolgt allerdings auf sehr niedrigem Niveau: Seit Jahresbeginn haben die Anteilsscheine massiv im Wert eingebüßt.
Fazit
Die Aktie von Atos hat in den vergangenen Handelstagen eine imposante Ralle gesehen. Hier spielt wohl auch die Hoffnung hinein, dass der französische Staat den gebeutelten Konzern stützt. Da die Papiere auch an Tagen nach Bekanntgabe des geplanten Verkaufs kräftig zugelegt haben, könnten hier obendrein Zocker am Werk sein. Von Dauer wird der Kursanstieg aber wohl nicht sein, denn an der Ausgangslage hat sich nichts geändert: Durch die mit den Gläubigern vereinbarte Restrukturierung werden bestehende Investoren massiv verwässert. Kredite und Anleihen in Höhe von 2,9 Milliarden Euro werden in Eigenkapital und neue Finanzmittel umgewandelt und obendrauf eine Kapitalerhöhung über 233 Millionen Euro durchgeführt. Zum 1. Februar übernimmt mit Philippe Salle ein neuer CEO.