Auf der Suche nach einer Lösung des Glyphosat-Desasters prüft Bayer aktuell wohl neue Möglichkeiten. Deren Erfolg ist jedoch alles andere als gewiss. Die Aktie der Leverkusener setzt am Donnerstag ihre Talfahrt fort. Zuletzt stufte auch eine große Ratingagentur den Ausblick für den DAX-Konzern herab.
Rund 50.000 noch offene Fälle und Strafzahlungen von knapp vier Milliarden Dollar allein in den letzten vier Monaten – der Mühlstein Glyphosat lastet weiter schwer auf Bayer. Dem vom Konzern entwickelten Fünf-Punkte-Plan für den Umgang mit den Rechtsstreitigkeiten scheint das Management nur noch bedingt zu vertrauen. Darauf deutet zumindest ein Bericht der Nachrichtenagentur Bloomberg hin, der sich auf mit der Sache vertraute Personen beruft. Demnach sondiert die Konzernspitze mit Anwälten und Beratern eine neue Möglichkeit, teure Schuldsprüche abzuwenden.
Die Strategie wird von Juristen als „texanischer Wechselschritt“ (engl. Texas Two-Step) bezeichnet und nutzt eine Besonderheit im Firmenrecht des US-Bundesstaats. Dieses gestattet es Unternehmen, Aktiva und Passiva in getrennte Einheiten aufzuteilen und anschließend für die Gesellschaft mit den Verbindlichkeiten Insolvenz zu beantragen. Durch diesen Schritt könnten dann Vergleichsverhandlungen mit Klägern vor einem Konkursrichter erzwungen werden.
Der Texas Two-Step ist unter Juristen durchaus umstritten und auch kein garantierter Erfolg. Prominente Beispiele, die in der Vergangenheit mit dem Versuch gescheitert sind, sind der Mischkonzern 3M, der so Klagen von US-Soldaten aufgrund fehlerhafter Gehörschutzausrüstung abwenden wollte, und Johnson & Johnson, die auf diesem Weg Milliardenzahlungen für möglicherweise krebserregenden Babypuder zu vermeiden versuchten.
Ausblick trübt sich ein
Auch am Kapitalmarkt haben die Leverkusener nach wie vor mit Gegenwind zu kämpfen. In dieser Woche senkte Standard & Poor’s den Ausblick für das mit „BBB“ unveränderte Emittentenrating Bayers von „Positiv“ auf „Stabil“ . Zwar sei das Verhältnis der Schulden zum bereinigten operativen Ergebnis auf das 3,2-Fache zurückgegangen, doch gleichzeitig blieb der freie Cashflow mit 1,3 Milliarden Euro deutlich hinter dem Wert des Vorjahres von 3,1 Milliarden Euro zurück, so die Ratingagentur.
Fazit
Ob das Management um Bayer-CEO Bill Anderson den riskanten Schritt eines Texas Two-Step gehen, ist bislang noch nicht abzusehen. Klar ist aber, die Anleger verlieren zunehmend die Geduld mit dem Konzern. Die schwer angeschlagene Bayer-Aktie gab auf Wochensicht nur leicht nach, doch mittel- wie langfristig bleibt die Performance desaströs. Alleine in den letzten sechs Monaten haben die Papiere fast 47 Prozent eingebüßt.
Hinweis auf Interessenkonflikte
Der Vorstandsvorsitzende und Mehrheitsinhaber der Herausgeberin Börsenmedien AG, Herr Bernd Förtsch, ist unmittelbar und mittelbar Positionen über die in der Publikation angesprochenen nachfolgenden Finanzinstrumente oder hierauf bezogene Derivate eingegangen, die von der durch die Publikation etwaig resultierenden Kursentwicklung profitieren können: Bayer.