Auf der Hauptversammlung gehen die Aktionäre des größten deutschen Geldhauses mit der Konzernführung hart ins Gericht. Und das, obwohl die Aktie nach jahrelangem Tiefschlaf endlich durchgestartet ist und mit einer Performance von 65 Prozent sogar den europäischen Bankensektor in den Schatten gestellt hat.

„Chaos", „Blamage", „Unfähigkeit" - die Führung der Deutschen Bank muss sich an diesem Donnerstag einiges von seiten der Anteilseigner anhören. Dabei hat die Bank selbst in den Augen ihrer schärfsten Kritiker deutliche Fortschritte gemacht: Die Kostendisziplin hat sich deutlich verbessert, und mit steigenden Dividenden und Aktienrückkäufen liefert sie auch bei den Aktionären mehr ab, nicht zuletzt in Form einer höheren Bewertung.

Der Kurszuwachs in den vergangenen zwölf Monaten von 65 Prozent ist umso bemerkenswerter, als er nicht nur den DAX (plus 19 Prozent) klar schlägt, sondern sogar über dem Kursplus des europäischen Bankensektors im selben Zeitraum liegt (plus 46 Prozent). Die Bank ist vorangekommen, profitabler geworden und wird am Kapitalmarkt auch anders wahrgenommen als noch vor ein paar Jahren.

Dennoch wird das Geldhaus immer noch von seiner Vergangenheit eingeholt - zuletzt in Gestalt der massiven Probleme bei der 2010 übernommenen Postbank. „Die Probleme bei der IT-Migration der Postbank sind eine Blamage", wetterte die Fondsmanagerin Alexandra Annecke von Union Investment bei dem Aktionärstreffen. „Eine Bank darf ihre Kunden nicht so im Regen stehen lassen."

Annecke geht sogar soweit, der Bank die Fähigkeit abzusprechen, im bevorstehenden Konsolidierungsprozess unter Europas Banken eine aktive Rolle einzunehmen - „mangels prozessualer Fähigkeiten", wie sie es formuliert. Dem Vorstand und Aufsichtsrat verweigert sie dann aber aus einem ganz anderen Grund die Entlastung: Der Vorverlagerung des Fragerechts im virtuellen Format. Damit werde der Generaldebatte die Grundlage entzogen, kritisiert sie.

Deutsche Bank (WKN: 514000)

Im weiteren Verlauf der Debatte werden von den Anteilseignern auch die relativ hohen Gehälter und Boni an führende Mitarbeiter kritisiert. Derweil stellte Vorstandschef Christian Sewing den Aktionären in den kommenden Jahren auch weiter steigende Dividenden-Ausschüttungen in Aussicht. Dies habe Priorität, versprach Sewing.

Fazit

Die Deutsche Bank hat sich unter Führung von Christian Sewing in den vergangenen sechs Jahren von vielen Schatten der Vergangenheit befreit - aber längst nicht von allen. Die Konzernführung tut gut daran, weiter an der Optimierung der Bank und ihrer Strukturen zu arbeiten, statt sich zum unpassenden Zeitpunkt mit üppigen Boni zu belohnen. Dann kann das Geldhaus auch auf seinem vielversprechenden Kurs in die Zukunft bleiben.


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