Die Bankenaufseher der EZB haben Unicredit die Auftstockung der Commerzbank-Anteile auf knapp 30 Prozent genehmigt. Doch ausgerechnet jetzt will sich Unicredit-Chef Andrea Orcel mehr Zeit lassen - und gibt sich plötzlich merkwürdig zurückhaltend.

Die italienische Großbank Unicredit ist bei der geplanten Übernahme der Commerzbank einen wichtigen Schritt weitergekommen. Die Bankenaufsicht der EZB hat eine Aufstockung der Unicredit-Beteiligung auf bis zu 29,9 Prozent genehmigt. Unicredit hielt zuletzt direkt 9,5 Prozent an der Commerzbank und über Finanzinstrumente weitere 18,5 Prozent.

An der Börse sorgte die Nachricht zunächst für weiteren Auftrieb bei der Commerzbank-Aktie. Am Montag kletterte sie weiter auf den höchsten Wert seit Mai 2011. Ob eine Übernahme tatsächlich zustande kommt, ist allerdings fraglicher als zuvor. Unicredit selbst rechnet laut Mitteilung nicht mehr damit, dass die Übernahme noch 2025 erfolgen könne. „Kartellverfahren, Gespräche mit wichtigen Stakeholdern und weitere Erwägungen verlängern den Zeitplan - voraussichtlich bis über das Jahr 2025 hinaus", heißt es aus Mailand. Insbesondere macht Unicredit-Chef Andrea Orcel sein weiteres Vorgehen von der Politik abhängig. Man wolle mit der Bundesregierung „einen konstruktiven Dialog führen", sobald diese im Amt sei.

In der Mitteilung von Freitag heißt es weiter: „Als Aktionär sind wir zufrieden, dass unser Investment einige positive Entwicklungen bei der Commerzbank angestoßen hat, die zusammen mit dem jüngsten positiveren Blick auf die deutsche Wirtschaft zu einem substanziellen Kursanstieg der Aktie geführt hat."

Fazit

Ist die plötzliche Zurückhaltung der Italiener bei der Commerzbank nur ein weiterer geschickter Schachzug von Unicredit-Chef Andrea Orcel, dem gewieften Verhandler? Tatsächlich kommt es ihm entgegen, sich mehr Zeit zu lassen, auch weil er in Italien mit der ebenfalls sperrigen BPM-Übernahme alle Hände voll zu tun hat. Gleichzeitig muss er erkennen, dass sein Zielobjekt in Deutschland immer teurer wird: Seit dem Einstieg von Unicredit im September 2024 hat sich der Aktienkurs praktisch verdoppelt - die zweitgrößte deutsche Bank ist mittlerweile fast 30 Milliarden Euro wert. Finanzkreisen zufolge liegt bei einem möglichen Übernahmeangebot an die restlichen Commerzbank-Aktionäre die Schmerzgrenze für Unicredit bei 25 Euro. Die Aktie notiert derzeit bei 24 Euro.


Commerzbank (WKN: CBK100)

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Der Vorstand und Mehrheitsinhaber der Herausgeberin Börsenmedien AG, Herr Bernd Förtsch, ist unmittelbar und mittelbar Positionen über die in der Publikation angesprochenen nachfolgenden Finanzinstrumente oder hierauf bezogene Derivate eingegangen, die von der durch die Publikation etwaig resultierenden Kursentwicklung profitieren können: Commerzbank.