Die europäische Telekombranche sucht erneut die Unterstützung Brüssels. In einem offenen Brief an die EU-Kommission und Mitglieder des Europäischen Parlaments fordern 20 Telekom-Chefs, große Tech-Konzerne wie Google oder Amazon zur Zahlung höherer Gebühren für die Netznutzung zu zwingen. Zuletzt schienen solche Vorstöße Früchte zu tragen.
Im Schreiben heißt es, Technologiefirmen, die am meisten von der Infrastruktur der Telekombranche profitieren und Treiber des stetig wachsenden Datenaufkommens (Traffic) sind, sollten mehr für die Nutzung bezahlen. Der Traffic hätte zuletzt jedes Jahr 20 bis 30 Prozent zulegt und dies sei auf lediglich „eine Hand voll“ großer Tech-Konzerne zurückzuführen, so die Unterzeichner des Briefs.
Bereits in der Vergangenheit hatten die europäischen Telekom-Chefs die EU aufgefordert, Big Techs stärker für die Nutzung der Netze zur Kasse zu bitten. Argumentiert wird unter anderem, Alphabets Suchmaschine Google, Apple, die Meta-Dienste Facebook, Instagram und WhatsApp, Netflix, Microsoft und Amazon seien für 50 Prozent des Traffics verantwortlich. Eine Barclays-Studie aus dem Jahr 2022 kommt zu dem Ergebnis, dass der Telekom-Sektor mit zusätzlichen Einnahmen zwischen drei und vier Milliarden Euro im Jahr rechnen könnte, müssten Tech-Konzerne für die Hälfte der Internet-Kapazität zahlen.
Während frühere Vorstöße in Brüssel eher auf Ablehnung stießen, scheint die Lobbyarbeit zuletzt Früchte zu tragen. So forderte das Europäische Parlament im Juni „die Schaffung eines politischen Rahmens, in dem die großen Traffic-Erzeuger einen fairen Beitrag zur angemessenen Finanzierung der Telekommunikationsnetze leisten“. Die Kosten, die für eine flächendeckende 5G- und Gigabit-Abdeckung bis 2030 auf die Unterzeichner des Briefs wie etwa Deutsche-Telekom-CEO Tim Hoettges und Telefónica-Boss José María Álvarez-Pallete zukommen, sind erheblich. Die EU-Kommission rechnet mit knapp 200 Milliarden Euro.
Fazit
Steter Tropfen höhlt den Stein. Der Brief vom Montag ist der jüngste Vorstoß in einem seit Jahren andauernden Prozess. Sollten an dessen Ende tatsächlich Big Techs mehr für die Infrastrukturnutzung zahlen müssen, hätte die europäische Telekombranche zumindest einen Teil der Finanzierung des Netzausbaus gelöst. Nutzer und Kunden der Tech-Dienste müssten sich dann auf steigende Preise einstellen, da die Unternehmen die höheren Kosten in der ein oder anderen Form schlicht weiterreichen dürften.
Hinweis auf Interessenkonflikte
Der Vorstandsvorsitzende und Mehrheitsinhaber der Herausgeberin Börsenmedien AG, Herr Bernd Förtsch, ist unmittelbar und mittelbar Positionen über die in der Publikation angesprochenen nachfolgenden Finanzinstrumente oder hierauf bezogene Derivate eingegangen, die von der durch die Publikation etwaig resultierenden Kursentwicklung profitieren können: Deutsche Telekom.