Die EU hat den Einstieg der Lufthansa bei der italienischen Airline ITA nach langer Prüfung genehmigt. Lufthansa-Chef Carsten Spohr will jetzt seine Einkaufstour fortsetzen und nimmt die portugiesische Airline TAP ins Visir. Doch Spohr spielt mit der Übernahme nach Meinung einiger Analysten auch auf Risiko. Und die EU hat harte Auflagen erteilt.
Nach monatelanger Prüfung hat die EU-Kommission grünes Licht für den Einstieg der Lufthansa bei der italienischen Fluglinie ITA gegeben. Der MDAX-Konzern kann bei der Alitalia-Nachfolgerin zunächst mit 41 Prozent beteiligen (Kaufpreis 325 Millionen Euro) und damit seine Position in einem der wichtigsten Märkte ausbauen. „ITA wird uns unterstützen, unsere Position als Nummer eins in Europa weiter auszubauen", sagte Spohr. In einem Interview mit der „FAZ" kündigte Spohr zudem an, jetzt auch für die portugiesische Airline TAP den Hut in den Ring zu werfen, an der auch andere europäische Airlines interessiert sind.
In der Vereinbarung zu ITA wurde festgelegt, dass Lufthansa seine ITA-Beteiligung ab 2025 in weiteren Tranchen bis zur vollständigen Übernahme ausweiten kann. Der gesamte Kaufpreis könnte dann bei gut 800 Millionen Euro liegen. ITA wird Bestandteil des Lufthansa-Airline-Netzwerks, zu dem neben Lufthansa auch Austrian Airlines, Brussels Airlines und Swiss gehören. Der Flughafen Rom Fiumicino wird zum sechsten und südlichsten Drehkreuz von Lufthansa ausgebaut.
Aus Sorge um Beschränkungen im Flugangebot und steigende Ticketpreise hat die EU die Genehmigung allerdings unter Auflagen erteilt, die härter ausfielen als erwartet. So müssen Lufthansa und ITA Start- und Landerechte (Slots) an Wettbewerber abgeben und auch alternative Langstreckenverbindungen zwischen Europa und Nordamerika ermöglichen. Vor allem diese Zugeständisse werden von Anlaysten schon als sehr weitreichend eingestuft. Spohr verteidigte den Deal in der „FAZ" und versuchte Zweifel zu zerstreuen, dass ITA nachhaltig profitabel werden kann. Außerdem profitiere von dem Deal die europäische Luftfahrt als Ganzes. „Wir brauchen europäische Airlines, die große genug sind, um mit Anbietern aus Amerika und China auf Augenhöhe zu konkurrieren." In Europa sei das nur mit Übernahmen erreichbar. Lufthansa sei zwar viertgrößter Luftfahrtkonzern der Welt, doch müsse sie für ihrer heute Größe noch internationaler werden. „Wenn die Regierung in Portugal die Investorensuche einleitet, werden wir uns das intensiv ansehen", sagte Spohr.
Fazit
Der ITA-Deal ist aus der Perspektive der Wachstumsstrategie der Lufthansa sinnvoll, auch wenn er Integrations- und Kostenrisiken enthält. Die Lufthansa-Aktie legte nach der EU-Zusage um zwei Prozent zu - ein recht verhaltener Applaus. Die Aktie hat seit Jahresbeginn rund 25 Prozent verloren, und das hängt auch mit zahlreichen hausgemachten Problemen bei der Lufthansa zusammen wie dem Streikdesaster im Frühjahr. Analysten halten die 2024er-Ziele des MDAX-Konzerns für zunehmend ambitioniert. DZ-Bank-Experte Dirk Schlamp rechnet mit einem „ergebnisseitig gedämpften Quartalsbericht". Lufthansa will ihre Quartalszahlen am 31. Juli vorlegen.
Hinweis auf Interessenkonflikte
Der Vorstandsvorsitzende und Mehrheitsinhaber der Herausgeberin Börsenmedien AG, Herr Bernd Förtsch, ist unmittelbar und mittelbar Positionen über die in der Publikation angesprochenen nachfolgenden Finanzinstrumente oder hierauf bezogene Derivate eingegangen, die von der durch die Publikation etwaig resultierenden Kursentwicklung profitieren können: Deutsche Lufthansa.